Liebe Freundinnen und Freunde,
und auch du, liebes Bundesamt für Verfassungsschutz. Neulich wurde mir ein Jutebeutel zugetragen mit eurem Logo drauf und dem Spruch: Demokratie schützen. Außerdem war da ein cooles Rayban Plagiat drin mit euerm ganzen Namen auf dem Bügel und der Bügel ist nicht so lang. Immer wenn ich jetzt mit dem Beutel einkaufen gehen will, lache ich zuerst ganz ironisch-selbstsicher und dann dreh ich ihn nach einer Weile auf links (sic!), weil ich mich beobachtet fühle - welch Ironie.
Was mir aber eigentlich zu denken gibt, ist nicht der kokette Adler in euren Lieblingsfarben auf dem Beutel, und auch nicht der Umstand, dass ihr jetzt auf den Zug mit so grünlinksversifften Jutetaschen Jahrzehnte zu spät aufspringt, sondern dass ihr tatsächlich Werbung macht. Das ist nämlich entweder ein richtig gutes oder ein richtig schlechtes Zeichen. Als über staatliche Affären pessimistisch geschult Denkender denke ich mal nicht, dass euch die Leutchen ausgehen, sondern dass ihr noch einen draufsetzen wollt. Und das macht mir dann richtig schlechte Laune, wenn ich an unseren nächsten Kinoabend denke und da schlechte Laune der Treibstoff des Pessimisten ist, bedeutet das: Beste Voraussetzungen für einen feinen Abend.
Es kommt nämlich Gerd Kroske und bringt seinen Film, den SPK Komplex. Dieser ist eine vielschichtige dokumentarische Arbeit, deren Dreh- und Wendepunkt eine völligst in Vergessenheit geratene Gruppierung ist, die zu Beginn der 70er Jahre Psychatrie um 180 Grad andersrum denken wollte - SPK steht für das Sozialistische Patienten Kollektiv. In allerkürzester Kürze war ihr Ansatz der, nicht die Patient.innen als die Kranke zu denken, sondern das System. Dazu hatten sie auch allen Grund - ein Grund, an dem man sich heute noch aus Psychiatrischer Sicht die Zähne ausbeißen kann - aber uns soll es um den anderen wichtigen Teil der Arbeit gehen, der wohl auch Auslöser des aktiv betriebenen Vergessens dieser Gruppe gewesen sein mag, dass nämlich SPK und RAF sich aus staatlicher Sicht (zu) nahestanden. Obwohl der Anteil derer, die aus dem SPK in der RAF aufgingen marginal war, lässt sich rückblickend ein Muster ableiten, das sich am ehesten mit der Ei-und-Henne-Metapher aufdeuten ließe.
Und da beißt sich die Katz in den Buckel, wie man so schön sagt, und das beschriebe dann auch anfangs eingeleitetes Dilemma und wenn wir schonmal dabei sind, dann lass uns doch gleich das ganz große Fass aufmachen: Wann sollten wir uns eigentlich alle mal in den Untergrund begeben und wo sind die Fallen und Tücken dieses Unterfangens.