In Düsseldorf im Taxi, damals zu einem Treffen mit Slavoj Žižek während einer Aufführung zu »Antigone«, hatte ich Peter Weibel gefragt, ob es ihm schwerfällt, der Abschied vom ZKM, seinem Werk, nachdem sein Vertrag gerade mal um 3 Jahre verlängert worden war. »Jo, es pascht scho« hat er in seinem charmanten Wiener Dialekt geantwortet. Den politischen Streit um die Verlängerung seines Vertrages hat er einfach weggeschoben. Längst stand ein großes Werk vor ihm, an dem alles Kleinkarierte abprallte. Nun ist er, im Monat seines Abschieds vom ZKM, gestorben. Irgendwie »pascht« das auch. Wir sterben alle, aber doch ist es eine jener Nachrichten, die den Tag außer Kraft setzt und Trauer aufkommen lässt wie zu allen Menschen, zu denen man von Anfang an eine zuneigende Ebene herstellen konnte. Wir hatten noch über den gemeinsamen Freund Gideon Bachmann gesprochen, von dem ein Teil seines Nachlasses im ZKM aufbewahrt wird. Wir hatten uns das erste Mal zu dessen Erinnerung »Ciao, Gideon!« 2017 im ZKM gesehen. Später war ich dort eingeladen, den Pasolini-Film »12 dicembre« vorzuführen und mit einer Einführung zu versehen. Die Bundesanwaltschaft hatte gegen mein Auftreten im ZKM ein paar Medien in Stellung gebracht. Peter Weibel hat sich darüber amüsiert und sich über mein Kommen gefreut. Die BAW war keine Referenz für ihn; die Kunst und der Widerspruch schon. Dieses Jahr, im Januar, konnte ich mit meinen FreundInnen Gabriella Angheleddu und Fabien Vitali unsere szenische Reflexion »Allegorien der Macht« als Videoinstallation im ZKM zeigen. Hinterher kam, wie immer, eine kluge politische Einordnung von ihm. Er hatte die Souveränität, die Arbeit der anderen vorbehaltslos vom Inhalt her zu bewerten und unsere mit gutem Wohlwollen bedacht. Wir hatten uns danach noch für Wien verabredet, wo er nach seiner Zeit im ZKM ein Haus aufbauen und seine Lust am Weitermachen befriedigen wollte. Peter Weibel zählt für mich zu den Menschen, denen man begegnet und die von sich etwas setzen, was man als freundschaftliche Selbstverständlichkeit gerne dann behalten möchte. Die Hierarchien und die Konventionen waren ihm egal. Dafür waren ihm die Menschen zu wichtig. Er schien immer bei sich zu sein und immer wieder löckte es ihn gegen den Stachel. Ich hätte ihm gerne noch Jahre gewünscht. Nun geht es ohne ihn weiter, aber die Kunst mit ihrem Potential des Nicht-Integrierbaren bleibt.
https://zkm.de/de/magazin/2023/03/das-zkm-trauert-um-peter-weibel