KONKRET. Wozu?
Dellwo: Zum einen zur Selbstaufklärung. Zum anderen, um die Geschichte nicht solchen Verwertungswichteln wie Stefan Aust zu überlassen, die außer Erregung und Wichtigtuereien gar nichts zu transportieren haben. Der Mann regt sich über Andreas Baader doch nur auf, weil er selber, um zum Porsche zu kommen, dem System in den Arsch kriechen musste. Alles, was der macht hat doch nur den Inhalt: Wer sich ans System anpasst ist politisch und substanziell, wer sich dagegen stellt und nicht käuflich wird, ist unpolitisch und irrational.
Zum dritten ist es immer darum gegangen, Subjekt im Leben und im Geschichtsprozess zu sein, das Eigene genauso radikal zu betrachten wie das äußere. Wieso sind wir auf einmal in Bezug auf unsere eigene Geschichte nicht mehr das Subjekt? Wir verschenken so viel.
Als wir angefangen haben, hatten wir keine Tradition, an der wir anknüpfen konnten, vielleicht mußte man damals auch so denken. Die alten Kampfmodelle waren besiegt. Unsere Konsequenz war, dass wir selber alles neu finden und eine neue Widerstandstradition begründen müssen. Heute sehe ich die Schwäche unserer geringen Erfahrungen. Radikalität gehört zum jugendlichen Alter und Wissen konnte man anhäufen, an tiefer Erfahrung mit dem Kampf mangelte es doch sehr.
Das wäre schon viel, wenn unsere Erfahrung reflektiert ist und etwas anknüpfbares für andere Kämpfe hinterlässt."
Interview von Svenna Triebler und Hermann L. Gremliza, konkret: Politik & Kultur 1/2009
Gesamtes Interview als PDF: Konkret Interview pdf