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Guy de Maupassant

Montag, 17. Dezember 2007/20.00 Uhr

HARRY ROWOHLT und das „GUY DE MAUPASSANT – ENSEMBLE“: Unbesinnliches

„Als sie erwachten, war er noch nicht gestorben. Nun waren sie niedergeschmettert. Sie blieben am Kopfende des Vaters stehen, beobachteten ihn voller Argwohn, als spiele er ihnen einen bösen Streich, als wolle er sie hereinlegen, sie zum besten halten, und besonders nahmen sie ihm übel, dass sie  seinetwegen so viel Zeit verloren hatten. Jetzt konnte man alle die zur Beerdigung Eingeladenen doch nicht mehr benachrichtigen, die gleich zur vollen Stunde eintreffen mussten...“

Dass die Familie der Hort von Glück und Liebe sei, mochte Guy de Maupassant nicht glauben. Dass man die tapferen Kriegshelden ehren müsse, leuchtete ihm nicht ein. Dass der aufgeklärte Bürger für ein gutes Geschäft mit der Kirche auf den Knien um Vergebung bat, schien ihm dagegen sicher. Dass Männer ihre Mätressen gut bezahlen und von der Gattin kostenlosen Beischlaf erwarten, fand er nicht plausibel. Religion schien ihm Selbstbetrug und ergaunerten Wohlstand zog er ehrlicher Armut vor. Kurz: Guy de Maupassant (1850-1893) zeichnete sich durch „grausame Ironie, Satire und brutalen Sarkasmus“ aus (Literaturlexikon).
Das brachte ihm durchaus Ärger ein (er wurde für ein freches Gedicht von der Schule verwiesen), aber auch eine große Leserschaft seiner 300 Novellen. Wer also zwischen dem 3. Advent und dem Fest der Liebe die Schnauze voll hat von Besinnlichkeit, Harmonie und Moral, kommt an diesem Abend auf seine Kosten.