Direkt zum Inhalt

"Das letzte Band" (Samuel Beckett)

Montag, 8. Oktober 2007

JOSEF BIERBICHLER: „Das letzte Band“ (von Samuel Beckett)

Hamburg-Premiere

 Krapp, der erfolglose, alte Schriftsteller und Trunkenbold, hat  sein Leben lang aufgezeichnet, was ihm wichtig schien. Auf Videotapes, die er sich manchmal anschaut, um zu prüfen, was er vor langer Zeit zu Protokoll gab.
Der keineswegs weise Alte ist oft ungnädig mit seinem früheren Ich: „ Hörte mir soeben den alten Idioten an, für den ich mich vor dreißig Jahren hielt, kaum zu glauben, dass ich so blöde war“. 
Seltener findet er etwas, das nicht ganz falsch gewesen sein könnte: „Vielleicht hatte er recht“.

Der 1958 entstandene Monolog ist mit zahlreichen autobiografischen Anspielungen Becketts durchwirkt. 
Bei dieser Inszenierung stand Karl Valentin, den Beckett sehr schätzte, Pate: der Nachweis, dass Slapstick und erschreckender Realismus einander nicht ausschließen. Durchaus Komik, aber dosiert:“ Das alberne Outfit funktioniert, weil Bierbichler gerade nicht den Clown macht, sondern sich denkbar stoisch durch Knapps Lebensunglück arbeitet“ (Süddeutsche Zeitung). - „Dass man den großen Bierbichler zweimal sieht – einmal als ernsten Enddreißiger auf dem Bildschirm und einmal als gebrechlich- bodenständigen, grau überwucherten, lila-nasigen Opa – veranschaulicht Beckettts Idee von einem Dialog mit sich selbst „(Berliner Zeitung).
Samuel Beckett, biographisch höchst engagiert (z.B. als Aktivist der französischen Résistance), hat sich stets geweigert, nach Art der 'engagierten Schriftsteller' sein Werk zu erläutern:“Ich weiß nur, was im Text steht“. Wenn er etwas verriet, dann nur so wenig: „Ich will weder belehren noch verbessern noch den Leuten die Langeweile vertreiben“.
Ein anderer großer Denker, Theodor W. Adorno, der seine „Ästhetische Theorie“ Beckett zu widmen plante, hat allerdings darauf hingewiesen, welche Reflexionen die Reduzierungen des Schriftstellers auszulösen vermögen:“Becketts Sprache bewirkt eine heilsame Erkrankung des Erkrankten: Wer sich selbst zuhört, bangt, ob er nicht ebenso redet.“ (Noten zur Literatur)
Josef Bierbichler wurde kürzlich mit dem 'Deutschen Filmpreis 2007' ausgezeichnet; die Zusammenarbeit mit B.K. Tragelehn, dem Regisseur der Inszenierung, währt bereits dreißig Jahre.  Eine Produktion der Stiftung Schloss Neuhardenberg.